32 - Sebbersund (Handelsplatz) - Letztes Update 28.12.2022
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Südlich von
Nibe
schiebt sich eine Landspitze mit dem 31 m hohen
Sct.
Nikolaj Bjerg in das Fahrwasser zwischen der
Nibe
Bredning und der
Halkær Bredning.
Hier am Fuß des Berges lag zur Wikingerzeit der wichtigste Handelsplatz, bevor
Ålborg
zu Beginn des 10. Jahrhunderts angelegt wurde. Sebbersund heißt das schmale
Fahrwasser vor der Landspitze. Es lag damals wie auch heute gut geschützt
hinter eng gewundenen Fahrrinnen.
Das Ålborg Historiske Museum führt hier in den Jahren 1994 und 1995 umfassende Ausgrabungen während der Sommermonate durch.
Auf und in unmittelbarer Nähe
der Landzunge war kein Platz vorhanden, um Landwirtschaft von Bedeutung zu
treiben. Hier war der Handel, das Handwerk und die Fischerei Treibkraft der
Besiedlung. Die Stadt wuchs nach damaligen Verhältnissen kräftig und deckte in
seinen glücklichsten Tagen 10-12 Tønder Land (1 Tønde Land = 2 Morgen = 5500
qm = 0,55 Hektar). Dies entspricht einer Stadt von ca. 65000 Quadratmeter. Der
Fund hat seine Entdeckung dem trockenen Sommer 1992 zu verdanken, als man vom Sct.
Nikolaj Bjerg aus eine große Zahl von Flecken im Korn auf der Ebene unter
dem Berg sehen konnte. Es waren die Spuren der halb in den Boden eingegrabenen
kleinen Arbeits- und Wohnhäuser aus der Wikingerzeit. Es wurden insgesamt 150
dieser Grubenhausspuren auf dem Feld gezählt.
Der Handelsplatz, der nach den
Funden zu urteilen um das Jahr 700 entstand, war in drei Bereiche geteilt:
Wohnplatz mit den vielen Grubenhäusern im Norden, Handels- und
Handwerkerbereich in der Mitte der Siedlung und schließlich Kirche und Friedhof
im Süden.
Die
Besiedlung
Grubenhäuser sind kleine
Arbeits-/Wohnhäuser, für die man eine Grube aushob, deren Boden den Fußboden
des Hauses ausmachte. Darüber legte man ein Satteldach.
Die meisten dieser Häuser sind
rund und ca. 3 m im Durchmesser. Wurde ein Grubenhaus verlassen, gebrauchte man
es als Abfallgrube. 1000 Jahre später kann man daher sehen, dass das Getreide
hier aufgrund einer dickeren Humusschicht weitaus bessere Wachstumsbedingungen
hat. Die Grundrisse der Häuser treten deutlich hervor. Die Ausgrabungen 1994
und 1995 zeigten, dass die wirkliche Anzahl beträchtlich höher liegt, als die
zunächst gezählten 150 Grubenhausspuren.
Der
Handwerkerbereich
Sebbersund war ein bedeutender
Handelsplatz, wo Importwaren aus Norwegen und England gehandelt und für den
Weitertransport in Gegenden am östlichen Limfjord umgeladen wurden.
Den zentralen Bereich der
Besiedlung bildete der Handwerkerbereich mit zugehörigem Marktplatz. Hier fand
man Gegenstände, die beweisen, dass Eisenschmiede, Bronzegießer, sowie Gold-
und Silberschmiede hier Werkstätten hatten. Sicher hat es noch andere
Handwerker am Ort gegeben, deren Waren an die Bewohner der Dörfer am Fjord
abgesetzt wurden. Gemeinsam für alle war es, dass die Produkte in Verbindung
mit den Werkstätten feilgeboten wurden. Das Rohmaterial für die bedeutende
Eisenverarbeitung am Sebbersund stammt mit Sicherheit aus Norwegen.
Ob die Besiedlung ursprünglich
als Markt angelegt wurde oder aber nach und nach entstand, ist eine Frage, die
die weiteren Grabungen beantworten müssen. "Der Berg", von der ganzen
Nibebucht zu sehen, war im östlichen Bereich des Limfjords wohl bei allen
bekannt, - ein guter Platz, einander zu treffen. Verschiedene Handwerker
besuchten den Marktplatz und ließen sich allmählich hier nieder. Der Platz
entwickelte sich bald zu einer Stadt.
Kirche
und Friedhof
Am südlichen Rand des Platzes
lag die Holzkirche (Stabkirche), die um das Jahr 1000 erbaut worden sein muss,
inmitten des Friedhofs.
Die Kirche war mit rechteckigem
Kirchschiff und einem schmaleren Chor gen Osten angelegt. Die Gesamtlänge
betrug 13 m und die Breite 4 bzw. 6 m. Die Konstruktion bestand aus in die Erde
gegrabenen Pfosten, welche mit Querbalken (Riemen) verbunden wurden. Die so
entstandenen Fächer wurden mit aufrechtstehenden Bohlen, den sogenannten Stäben,
ausgefüllt.
Um die Kirche herum befand sich
der Friedhof mit einer Fläche von ca. 40 x 40 m. Er war im flachen Gelände
durch einen flachen Graben kenntlich gemacht worden. Der Friedhof besitzt schätzungsweise
1000 Gräber. Die Toten sind alle in ost-westlicher Richtung mit dem Kopf im
Westen begraben worden. Die meisten hatten ein "Kissen" aus Grassoden
unter dem Nacken. Dies bewirkte, dass der Kopf fast lotrecht zu liegen kam, so
dass der Tote gen Osten und die Auferstehung (-Christi) blicken konnte. Frauen
und Männer wurden getrennt beerdigt. Die Männer liegen südlich der Kirche,
die Frauen nördlich.
Da es sich hier um christliche
Gräber handelt, bekamen die Toten weder Grabbeigaben noch persönliche Dinge
mit. Die Gräber sind daher schwer zu datieren. Es wurde nur eine halbe Münze
in einem von ihnen gefunden, deren Alter und Herkunft unbekannt sind.
Nur knapp die Hälfte der Toten
ist in Särgen begraben worden. Der Rest ist wohl in irgendein organisches
Material eingehüllt gewesen (Stoff ?). Die Särge verraten, dass man Werkstoff
benutzte, welchen man bei der Hand hatte oder leicht beschaffen konnte. Viele Särge
sind aus Schiffsplanken gemacht. Dies verraten die Schiffsnieten in den Gräbern.
Steven von kleineren Booten und
"Eger" (Einbäume aus Eichenholz) wurden ebenfalls als Särge
gebraucht. Als Kindersärge verwendete man teilweise Schlachter- und Teigtröge.
Nur ein Grab ist aus Stein
gebaut. Seiten- und Decksteine bestehen aus hervorragend gespaltenem Granit, währenddessen
im Westende ein großer Kalkblock, mit ausgemeißelter Nische für den Kopf der
Leiche, platziert war. Der Sarg war mit Mörtel abgedichtet.
Darin lag das wohlbewahrte
Skelett eines alten Mannes, kaum über 1,50 m groß. Der Kopf ruhte ursprünglich
auf einem Kissen aus organischem Material - möglicherweise einem roten
Seidenkissen. Untersuchungen ergaben, dass er sich nicht ausschließlich von
Fisch ernährt hatte, wie das bei den anderen hier begrabenen Toten der Fall
war. Er muss also ein Fremder gewesen sein, vermutlich aus Zentraleuropa.
Welcher Fremde kann eine so
vornehme Beerdigung verdient haben? Ein sehr hochstehender Geistlicher
vielleicht. Man weiß, dass
Erzbischof Unni von
Hamburg-Bremen
im Jahr
936 auf einer dienstlichen Reise in Dänemark war, wo er u.a. König Gorm der
Alte in Jelling besuchte, Harald
Blauzahns Vater. Und man weiß, dass er im Jahr 936 starb. Man weiß auch, dass
eben von Bischof Unni gesagt wurde, "er war sehr klein von Wuchs, aber groß
von Witz". Vielleicht ist es wirklich er, der hier liegt, und vielleicht
war er zur Inspektion eines größeren kirchlichen Werkes hier. Es gibt
Forscher, die die Ansicht vertreten, dass das nordjütländische Bistum "Vendila"
vielleicht in Sebbersund mit
Sebberkloster
und nicht in Vestervig in
Thy
entstand, wie bisher angenommen wurde, um so schließlich über das
Kloster
Børglum in
Vendsyssel nach
Ålborg
umzuziehen.
Vielleicht und vielleicht!
Sicher ist jedoch, dass die Holzkirche oder die Kirchen mitten auf dem Friedhof
- es wurden nämlich mindestens zwei an derselben Stelle gebaut - im späten 11.
Jahrhundert von einer 20 m langen romanischen Steinkirche mit Schiff und Chor
auf der Nordspitze des Sct. Nikolaj Berges abgelöst wurde. Sie war Sct. Nikolaj
gewidmet, dem Schutzheiligen für Handel, Seefahrt und Fischerei. Obwohl diese
Kirche erst 1880 endgültig abgerissen wurde, als man das Baumaterial für den
Brückendamm am Sund benötigte, diente sie dem Christentum nicht lange, denn
der große Handelsplatz stellte seine Arbeit zu Anfang des 12. Jahrhunderts ein,
weil sowohl eine Naturgewalt als auch die Königsmacht ihm den Boden entzog.
Zuerst legte
König Harald Blauzahn als Folge seines Wunsches nach totaler
Kontrolle des Limfjordshandels
Ålborg
an, das mit staatlichen Fördermitteln gestützt wurde, so dass es andere Städten
nach und nach vom Markt drängte. Das zweite und Schlimmste war jedoch, dass die
nördliche (Sløjkanalen) und
westliche Limfjordseinfahrt (der
Kanal durch die Aggertange) plötzlich
durch kräftige Sandverschiebungen entlang der Nordsee verschlossen wurden, so
dass die internationalen Handelswege nach Norwegen, England und Westeuropa mit
einem Mal nicht mehr existierten.
Die meisten großen Handelsplätze
der jüngeren Eisen- und Wikingerzeit, die sich zu Städten entwickelten, sind
auch heute noch Städte. Dies bedeutet, dass sich die archäologischen
Informationen über die früheste Stadtentwicklung normalerweise 3-4 m unter dem
jetzigen Straßenniveau befinden. Außerdem sind sie durch spätere Aktivität
gestört. Bei Sebbersund hat die
Stadt die Zeit seit ca. 1100 unberührt überdauert.
Die Holzkirchen und der
Friedhof sind bisher einmalig in Dänemark. Für die Archäologen ergab sich
hier zum ersten Mal die Gelegenheit eine Stabkirche auszugraben, die nicht von
einer späteren Steinkirche überbaut war.
Der Friedhof gab Gelegenheit, Studien zu treiben über Körpergröße, Lebensalter, Kindersterblichkeit, kleine und große Gebrechen und weit mehr bei einigen der ersten Christen in Dänemark. Der Friedhof ist somit eine Momentaufnahme der Dänen in der Periode von ca. 1000 - 1100 n. Chr.
Bei meinem letzten Besuch am Freitag, 23.August 2013 konnte ich diese Fotos aufnehmen (Vergrößerte Darstellung über Mausklick).
Wie der Homepage - siehe oben - zu entnehmen ist, blieb die Zeit dort aber nicht stehen. Die örtliche Wikingergruppe hat weitere Gebäude erbaut, hält regelmäßig Treffen und einmal jährlich einen Wikingermarkt ab.
Bei meiner 2022er Jütland Wikinger Tour im Juni habe ich Sebbersund ausgelassen, da es dort nicht wirklich noch etwas aus der Wikingerzeit zu sehen gibt.